Autor: Christian Gugumus

Titel vs. Thema. Ein kleiner, aber feiner Unterschied.

Vor etwa drei Jahren traute ich meinen Augen kaum. Meine Frau bekam eine Nachricht der Universität: Sie könne den Titel ihrer Zulassungsarbeit nicht so belassen, wie er sei. Stattdessen trägt ihre Zulassungsarbeit jetzt lediglich ein Thema, das sie vor ihrer Thesis angegeben hat. Vor der Thesisanmeldung einen Titel zu vergeben, ist eine zweifelhafte Praxis. Noch zweifelhafter ist, dass die Uni in diesem Fall nicht zwischen Thema und Titel unterschieden hat. Aber was ist der Unterschied zwischen Titel und Thema?

Take aways

✔️Gib deiner Arbeit einen ausführlichen Titel.

✔️Erkenne den Unterschied zwischen Thema und Titel.

✔️Orientiere dich im Verlauf deiner Arbeit an deinem Titel.

Verwirrung: Titel oder Thema

Der Fall meiner Frau ist kein Einzelfall. Ich habe schon von mehreren Personen gehört, dass ihr Thema am Ende den Titel ihrer Thesis darstellt. Für die Notengebung ist das ehrlich gesagt irrelevant, für die Bearbeitung eines Themas ist es dementgegen sehr relevant.

Denn ein Thema ist faktisch immer zu allgemein, um es in einer Thesis zu bearbeiten. Das Thema ist sozusagen ein Oberbegriff für einen Titel. Also: mehrere Titel ergeben ein Thema. Und als solcher ist ein Thema wissenschaftlich kaum handhabbar, sofern es nicht spezifiziert wird. Damit geht dir die Orientierung im wissenschaftlichen Arbeiten verloren. Schließlich gehen deine Fragestellung und deine Gliederung mit deinem Titel einher.

Das Thema als Oberbegriff

Das Thema der Zulassungsarbeit lautet übrigens „Sterbehilfe“. Ein interessantes medizin-ethisches Thema – unter das so ziemlich alles fallen kann. Ich kann beim Thema Sterbehilfe begutachten, wer Sterbehilfe in Anspruch nimmt, wer Sterbehilfe in Anspruch nehmen darf, welche gesetzlichen Regelungen es zur Sterbehilfe gibt, welche ethischen Aspekte eine Rolle spielen, was Sterbehilfe überhaupt ist … Ok, die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Fakt ist: Das Thema zeigt weder einen konkreten Betrachtungsbereich noch eine Forschungslücke an. Hinter einem Thema kann sich so ziemlich alles verstecken.

(Welche Art Thema du für deine Uniaufgaben wählen sollst, erklärt der Artikel „Das magische Quadrat der Themenwahl).

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Arbeitstitel

Auch wenn deine Uni oder dein Lehrstuhl Thema und Titel nicht unterscheidet, solltest du dich immer an einem (Arbeits-)Titel orientieren.

Das (Arbeits-) deutet übrigens darauf hin, dass sich dieser Titel im Verlaufe der Bearbeitung eines Themas verändern kann. Denn eigentlich kann ich einen Titel erst fixieren, wenn ich den Forschungsstand kenne und schon ein bisschen was geschrieben habe. Erst dann weiß ich, ob der Titel wirklich Sinn ergibt. Das ist jedoch weit von der wissenschaftlichen Praxis entfernt und eine Titeländerung kommt eher selten vor. So oder so bietet dir ein Arbeitstitel Struktur.

Vom Thema zum Titel

Doch wie kommst du zu einem Arbeitstitel?

Fall 1: Du stehst vor deiner Thesis.

Dann solltest du dir zunächst überlegen, welcher Teilbereich deines Themas dich besonders interessiert (Was du bei der Themenwahl beachten solltest, findest du hier).

Fall 2: Du hast bereits ein Thema angegeben/gewählt

Dann fragst du dich einfach, welchen Teilbereich du konkret bearbeitest/bearbeiten möchtest.

Wie gesagt: Der Titel ist ein spezifiziertes Thema.

1. Thema eingrenzen

Im Fall der Sterbehilfe frage ich mich also: Welchen Teilaspekt der Sterbehilfe möchte ich untersuchen?

Die Antwort in diesem Fall: Welche ethischen Aspekte spielen bei der Sterbehilfe eine Rolle?

Arbeitstitel 1: Ethische Aspekte von Sterbehilfe.

 

2. Thema spezifizieren

Nun handelt es sich hierbei um eine Zulassungsarbeit. Der Titel ist deshalb nicht ausführlich genug und gleichzeitig nicht spezifisch. Es ist nämlich zu hinterfragen, wer die ethischen Aspekte festlegt und welche Personengruppen sich ethisch wie positionieren.

Arbeitstitel 2: Ethische Aspekte von Sterbehilfe aus der Perspektive unterschiedlicher Personengruppen.

3. Thema konkretisieren

Und jetzt sollte ich diese Personengruppen benennen. Nehmen wir Pfarrer, Seelsorger und Pfarramtsanwärter. Dieser Ausschnitt erlaubt es denn auch, eine gute empirische Herangehensweise zu wählen.

Arbeitstitel 3: Ethische Aspekte von Sterbehilfe aus Sicht von Pfarrern, Seelsorgern und Pfarramtsanwärtern.

 

4. Empirie ergänzen

Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, können wir die empirische Herangehensweise in den Titel integrieren.

Finaler Titel: Ethische Aspekte von Sterbehilfe aus Sicht von Pfarrern, Seelsorgern und Pfarramtsanwärtern – eine Analyse anhand von leitfadengestützten Experteninterviews.

Der Titel erzählt die Arbeit

Wenn ich einen solchen Titel lese, weiß ich genau, was mich in der Arbeit erwartet. Für einen Dozierenden ist dies ein großer Vorteil. Für den Schreibenden auch, denn er weiß bei einem solchen Titel genau, was er bei der Bearbeitung zu tun hat und worauf er bei Gliederung, Literatur und Text achten muss. Nämlich auf: ethische Aspekte, die Perspektiven von Pfarrern, Seelsorgern und Pfarramtsanwärtern und die empirische Methode des leitfadengestützten Interviews.

Dieser Titel ist selbstredend nicht der Weisheit letzter Schluss. Er ist im Vergleich zu literarischen Titeln auch nicht allzu aufmerksamkeitsförderlich. Aber: Im wissenschaftlichen Arbeiten geht es aus meiner Sicht zuallererst um das Informieren – und darum, es dem Prüfer leicht zu machen, dir eine (sehr) gute Note zu geben. Dafür eignen sich derart ausführliche und genaue Arbeitstitel.

Zusammenfassung:

Oftmals wird nicht konsequent zwischen Thema und Titel unterschieden. Ein Titel ist ein spezifiziertes Thema, es repräsentiert einen Themenausschnitt. Für die Effizienz und Effektivität deines wissenschaftlichen Arbeitens ist es wichtig, dass du mit einem ausführlichen, genauen Titel arbeitest.